Gender Salon – HIV und schwule Politik

HIV und schwule Politik: Sexuelle Befreiung
und neue Möglichkeiten queerer Solidarität durch PrEP

Gast: Karsten Schubert

In der schwulen sexuellen Befreiung der 70er Jahre gab es kurz queeres Leben avant la lettre. Es wurde durch die AIDS Krise unterbrochen: Das zunehmende Stigma der Krankheit brachte die schwule
Politik dazu, homonormativere Formen anzunehmen, die sich später mit
der verbesserten rechtlichen Gleichstellung verfestigten. PrEP kann
helfen, dieses Stigma zu beenden, womit heute ein wichtiger Treiber
der Homonormativität wegfällt, so dass queerere Sexualitäts- und
Politikformen möglich werden. Anhand einer Analyse der politischen
Kämpfe um PrEP und seiner Wirkung auf schwule Subjektivität
entwickelt der Vortrag eine neue Theorie der sexuellen Befreiung nach Foucault.
Dabei geht es zwar um die Kritik repressiver Normen, allerdings
nicht, um eine natürliche Sexualität darunter freizulegen, sondern um
in einem gemeinschaftlichen Prozess neue Normen zu schaffen. Dies
beinhaltet auch dem Kampf um die selbstbestimmte Nutzung von
Biotechnologie und Medizin, die dafür in geeigneter Weise verfügbar
sein müssen. Sexualität und Politik sind negativ verbunden:
Repressive Sexualität führt zu homonormativer Politik, die queere
Solidarität verhindert. Andersherum kann die sexuelle Befreiung durch
PrEP neue queere Solidarität jenseits homonormativer
Interessenpolitik ermöglichen.